JAM asks...DJ and Producer Parov Stelar
Parov Stelar, bürgerlich Marcus Füreder, ist ein international renommierter Musiker und Pionier des Electroswing, der Jazz, Swing und elektronische Musik in seinem einzigartigen Stil vereint. Seit seinem Durchbruch 2004 mit der EP KissKiss hat er mit Hits wie All Night und The Mojo Radio Gang weltweit Erfolge gefeiert. Mit der Parov Stelar Band begeistert er Fans in Arenen und auf Festivals.
Für 2024 und 2025 plant Parov Stelar eine Welttournee, auf der er Klassiker und Songs seines gefeierten Albums Moonlight Love Affair (2022) präsentiert. Das Album zeigt eine Weiterentwicklung seines Sounds und verbindet seinen typischen Stil mit innovativen Elementen. Parallel arbeitet er an neuen Projekten, bei denen Musik und visuelle Kunst eng verknüpft bleiben. Weitere Details finden sich auf seiner offiziellen Website.
Wie sehr inspiriert dich deine Kunst dazu, Musik zu machen, und deine Musik dazu, Kunst zu machen?
Musik und Kunst sind für mich zwei Seiten derselben Medaille. Beim Komponieren entstehen oft visuelle Bilder in meinem Kopf, und umgekehrt inspirieren mich beim Malen bestimmte Melodien oder Beats. Es ist eine Symbiose – beide Welten bedingen und bereichern sich gegenseitig. In meiner Welt kann das Eine nicht ohne das Andere existieren.
Dir steht ein aufregender Sommer bevor. Wie schöpfst du Kraft zwischen den Auftritten?
Auch wenn wir jetzt Herbst oder fast Winter haben, lässt sich die Frage generell beantworten: Zwischen den Shows suche ich Ruhe, sei es durch Zeit mit meiner Familie oder – wenn sie nicht dabei ist – durch private Momente im Tourbus oder Hotel. Die Balance zwischen Adrenalin und Entspannung ist entscheidend.
Der beste Moment mit dem Publikum bis jetzt war?
Es gibt unzählige magische Momente, aber einer der eindrucksvollsten war ein Festival in Paris (Fête de l’Humanité), bei dem wir vor über 100.000 Menschen gespielt haben. Diese Energie werde ich nie vergessen.
Wie sieht dein Atelier aus?
Mein Atelier ist chaotisch und gleichzeitig strukturiert. Es spiegelt meinen kreativen Geist wider: geordnetes Chaos. Für mich ist ein Atelier selbst ein Kunstwerk und die Quelle aller anderen Werke.
Hast du kleine Rituale vor oder nach einem Auftritt?
Vor einem Auftritt brauche ich ein paar Minuten für mich, um mich zu zentrieren. Dazu gehört ein kühles Bier genauso wie eine Gruppenumarmung mit Band und Crew.
Wie wichtig ist Jazz für dich im Alltag und als Musiker?
Jazz ist ein Fundament und eine unerschöpfliche Inspirationsquelle. Seine Freiheit und Improvisation haben mich geprägt.
Jazzkünstler, ohne deren Einfluss es Teile deiner Musik nicht gäbe?
Billie Holiday, Duke Ellington, Ella Fitzgerald, Artie Shaw oder auch Chet Baker – ihre Musik ist eine wahre Schatzkammer. Besonders Billie Holiday hat mich inspiriert. Sie war mein persönlicher Kickstart, als einer ihrer Songs auf meinem Plattenspieler hängenblieb. Daraus habe ich dann einen Loop gemacht und eine Kickdrum daruntergelegt.
Was hat am Anfang deiner Karriere gut funktioniert? Was hätte besser sein können?
Gut funktioniert hat meine kreative Freiheit – ich habe einfach gemacht, was ich gefühlt habe. Schwieriger war, dass anfangs kein Label Interesse hatte, weshalb ich mein eigenes gegründet habe.
Was soll dein musikalisches/künstlerisches Erbe sein?
Ich hoffe, dass Menschen meine Musik als eine Reise empfinden – etwas, das Emotionen anspricht und vielleicht neue Gedanken anstößt.
Vater zu sein ist wie ...?
... die intensivste und schönste Form von Verantwortung und Liebe.
Wie wichtig ist Jazz als Basis für andere musikalische Strömungen?
Jazz lehrt Freiheit, Improvisation und ein tiefes Verständnis für musikalische Strukturen – unschätzbare Grundlagen für jede Richtung in der Musik.
Soll deine Kunst in einem Museum hängen? Deine Musik eine Ausstellung begleiten?
Meine Kunst hängt bereits in Museen ... Es macht mich stolz, dass meine bildende Kunst genauso geschätzt wird wie meine Musik.
Was wäre deine elementare Botschaft an Musikstudenten?
Bleibt euch treu und habt Geduld. Erfolg kommt nicht über Nacht, sondern durch Leidenschaft und Ausdauer. Anfangs konnte niemand mit meiner Musik etwas anfangen, aber ich habe weitergemacht, bis sie immer größer wurde.
Gibt es eine Jazz-Epoche, in der du gerne gelebt hättest?
Die Swing-Ära der späten 1920er- bis 1940er-Jahre hatte eine besondere Magie. Dennoch hätte ich aufgrund der damaligen Umstände nicht gerne in dieser Zeit gelebt.
Wie wichtig sind Fächer wie Selbstmanagement und Bühnenangstbewältigung?
Extrem wichtig. Diese Fähigkeiten sind essenziell, um eine künstlerische Vision langfristig umzusetzen.
Sollte es mehr interdisziplinäre Unterrichtsfächer geben?
Absolut. Kooperationen zwischen Musik, Kunst, Schauspiel und anderen Bereichen eröffnen neue Perspektiven und fördern Kreativität.
Vorbereitung aufs Musikbusiness an Musikschulen – sinnvoll oder sehr sinnvoll?
Sehr sinnvoll. Künstler sollten ihre Rechte kennen und wissen, wie sie sich selbst managen können. Ein Grundverständnis der Musikindustrie und des Geschäftslebens ist meiner Meinung nach essenziell, außer man vertraut blind einem Manager, wovon ich jedoch in den meisten Fällen abraten möchte.
Wie fühlt es sich an, auf der Bühne zu stehen?
Auf der Bühne zu stehen, ist wie in einer anderen Realität zu sein – ein unbeschreibliches Hochgefühl. Hier wird dann umgesetzt, was man im Studio gebaut hat. Das ist dann auch der Beweis, ob es funktioniert.
Teil einer Band zu sein bedeutet ...?
... Empathie, Vertrauen und das Wissen, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile.
Gibt es Religion in deiner Musik?
Nicht direkt, aber spirituelle Elemente fließen immer wieder ein.
Steht Jazz noch für Integration, Harmonie und Gleichberechtigung?
Jazz hat diese Werte immer getragen, auch wenn sie heute manchmal übersehen werden. Es ist wichtig, sie wieder stärker zu betonen.
Wenn deine Freunde Songs wären, wie würden sie klingen?
Wie eine bunte Mischung aus Melancholie, Euphorie und purem Spaß – alles im perfekten Chaos. 😊
Photos by Tanja Schalling